Um bis nach Kathmandu zu kommen trampe ich schließlich eine Runde mit einem nepalesischen Pärchen und teile mir für den letzten Abschnitt bis nach Kathmandu ein Taxi mit einer älteren, inzwischen nach Amerika ausgewanderten Dame. Solche kleinen Begegnungen schenken mir viel Freude, allerdings vergesse ich sie am schnellsten, weil sie sich aufaddieren und dann in meiner Erinnerung in Einem verschmelzen.
Zurück in Kathmandu genieße ich ein letztes Abendessen mit einer neuen französischen Bekanntschaft, die jahrelang in China als Attaché des französischen Botschafters gearbeitet hat und mir viel über die Chinesen erzählt. Ich genieße es, mein Französisch auszupacken und über diese mir noch so fremde Kultur zu reden. Im abendlichen Staub der schmalen Gassen Kathmandus laufen wir zurück zu unserem Hostel.
Am nächsten morgen pelle ich mich aus dem Bett und falle nach einem kleinen Frühstück ins Taxi, das mich zur Busstation bringt. Dort stehe ich erst einmal in der morgendlichen Rushhour zwischen den Einheimischen, bis mein Bus in zweiter Reihe auftaucht. Er ist nicht erkenntlich durch irgendetwas, aber ich habe schon lange gelernt nicht darauf zu warten, dass mir hier jemand Bescheid gibt. Nur mit Mühe schaffe ich es, den Namen des Ortes auszusprechen, zu dem mich der Bus bringen soll und nur mit Mühe versteht mich der Busboy. Unser Weg führt uns direkt an die Nordgrenze zwischen Nepal und Tibet. Die Straße ist unglaublich schlecht, eigentlich nur ein Feldweg an dem rechts die Berge in die Höhe streben und links ins Tal abfallen. Ich habe noch nie so ein tiefes Tal gesehen. Der Fluss gräbt sich tief in die Felswände und die Hänge sind überwachsen von Bäumen. Die Wolken drücken sich tief ins Tal hinein und ein dünner Nieselregen wandelt das sonst so staubige Armeegrün der Pflanzen in ein Smaragdgrün, das in den hinteren Bergen zu einem wunderschönen Grau-Türkis wird. In den letzten Tagen zeigt sich Nepal noch einmal von seiner besten und verwunschensten Seite.
Ich übernachte in einer der typischen Hütten in dem Dorf, von dem aus andere den Langtang Treck starten. Ich verbringe meinen letzten Abend hier mit einem Neuseeländer, einer Amerikanerin und einer Ungarin. Zwischen einem Geografen, einer Wasseringenieurin und einer Konfliktexpertin der EU fühle ich mich deutlich unproduktiv. Allerdings schwirren ihnen dieselben Gedanken im Kopf herum wie mir.
Am nächsten Morgen purzele ich um halb sieben aus dem Bett und mache mich auf die Suche nach einem der nicht-existenten Busse. Am Abend zuvor hatte ich meine Wirtin gefragt, ob sie mir sagen kann, ob es einen Bus bis an die Grenze gibt. Da die Grenze an diesem Ort jedoch erst seit November 2017 offen ist, von Februar bis April jedoch geschlossen war, gibt es keinerlei öffentliche Verkehrsmittel. Da ich keine Lust habe 5.000 Rupies, umgerechnet 50 € für einen Jeep bis an die Grenze zu zahlen, halte ich meinen Daumen raus. Und so kommt es, dass ich zwei Stunden lang in der Fahrerkabine eines typischen nepalesischen LKW's sitze und bis an die Grenze geschaukelt werde.
Einmal dort, steige ich in einen Jeep um, der mich bis ans Grenztor fährt, die Nepalis sind hier nicht an Touristen gewöhnt und begeistert von mir. Natürlich habe ich noch nicht den richtigen Stempel im Reisepass und muss noch einmal einen Kilometer zurückfahren, um mir das Immigrationsbüro zeigen zu lassen. Es befindet sich in dem einzigen dreistöckigen Haus und ist nicht weiter ausgeschildert. Die erste Beschriftung finde ich im Treppenhaus, indem mit roter Farbe in Schreibschrift IMMIGRATION geschrieben wurde. Im zweiten Stock finde ich tatsächlich einen kleinen Uniformierten, der mich mehr aus Neugierde, als aus Diensteifer über meine Reise befragt. Frauen sind hier nicht alleine unterwegs, noch nicht einmal die verrückten Weißen. Als das erledigt ist, kann es endlich weiter gehen. Wir fahren zurück an das Grenztor, das auf nepalesischer Seite eine schwarze mannshohe Wand ist. Bevor ich mich jedoch nach China aufmachen kann, muss mein Rucksack noch inspiziert und meine Ukulele ausgepackt werden. Ich spiele den Grenzsoldaten mein Hakuna Matata mit krächzender und vom Schnupfen rau-raspelnder Stimme. Sie sind aufrichtig begeistert. Gleich wollen sie mit mir durch China ziehen, denn einer Frau alleine wird es immer besser gehen, wenn ein Mann ihr zur Seite steht. (Ich schüttele mich vor Grauen und lache sie aus, heilfroh, dass mich gleich eine beinharte Grenze von ihnen trennen wird.)
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Christian (Tuesday, 05 June 2018 19:10)
Hakuna Matata für die Grenzsoldaten … Tut der Welt vielleicht ganz gut, dass du sie bereist :D
Bella (Friday, 08 June 2018 06:24)
:-)