In Sukhothai ist die günstigste Unterkunft gleichzeitig die schönste. Hier gibt es nur Einzelzimmer, da es sich um einen Ort handelt der nicht direkt auf der Haupttourismusroute liegt (allerdings auch nicht weit ab). Hier kommt man hin, wenn man etwas mehr sehen will. Überall steht jedoch, dass man eine sehr ähnliche Tempelanlage mit Palastruinen in Ayutthaya, nur eine Stunde von Bangkok entfernt ebenso entdecken kann. Beide Anlagen sind UNESCO Weltkulturerbe, insofern ist keine der beiden ein Geheimtipp. Um hierher zu kommen muss man aus dem Zug aus- und in einen Bus umsteigen oder mit zwei verschiedenen Bussen nach Chiang Mai reisen (von Bangkok aus). Es ist nicht schwierig hierher zu kommen, aber auch nicht ohne Aufwand möglich.
Wie immer in Thailand zahlt man Eintritt und bekommt so gut wie keine Informationen zu den „Trümmern“, die vor einem liegen. Der ein oder andere Buddha verrät, dass man vor einem Tempel steht, aber außer der Information, dass das hier einst ein Königspalast sein sollte, ist nichts zu sehen, ausgenommen ein paar Ziegelsteine. Die penibel gemähten Rasen und die vereinzelt auf Fahrrädern herumfahrenden Touristen erwecken den Eindruck eines Freizeitparks. Zufällig ist der auch noch historisch, nur ohne exakte Informationen. Ich bin verwöhnt von Europa. Natürlich fehlt mir jeglicher Kontext. Die Tempel sehen inzwischen anders aus, die überall sichtbaren Ziegelsteine erinnern an das Fundament der in den Himmel ragenden Türmchen. Einen Innenraum scheint es hier in der Regel nicht zu geben. Oder wurden die Säulen einfach entsorgt? Ich kann mir keinen Reim draus machen und mir fehlt das Interesse, es zu googeln. Ich gehe genauso schlau wie ich gekommen bin.
Ich bin erschöpft und nicht ehrlich an meiner Umgebung interessiert. Ich habe einmal mehr den Punkt erreicht, an dem mir alles Neue wie die billige Reproduktion eines drittklassigen Reisekataloges vorkommt. Es sieht alles nett aus, aber der Kern der Sache geht an mir vorbei. Mein persönliches Highlight ist das Einzelzimmer, dass mich für die kommenden zwei Nächte erwartet. Es gibt eine Steckdose, ein Bett, einen Nachttisch und eine Tür. Nachts kühlt mich nur der seichte, ständig wandernde Hauch des Ventilators der sich stetig an der Decke dreht. All das ist ein seltener Luxus. Obwohl ich mich bereits daran gewöhnt habe, in unterkühlten Räumen zu schlafen, die von Klimaanlagen auf Kühlschranktemperatur gekühlt werden, ist die schwüle Nacht im Vogelhaus eine willkommene Abwechslung. Morgens werde ich vom Schlagen der Flügel und dem Kratzen der Krallen der Vögel geweckt, die in der Ritze zwischen Wand und Dach verschwinden. Dann laufen sie auf dem dünnen Holzboden auf und ab, bis ich wach bin.
Meinen zweiten Tag in Sukothai verbringe ich in meinen vier hölzernen Wänden. Gehe hinaus, nur um Essen zu besorgen und widme mich ansonsten den Fotos und den Texten, die es zu präparieren und zu übersetzen gibt. Das ist das eigentlich Schöne für mich. Mein Kopf ist voll und kann die immer neuen Informationen nicht mehr verarbeiten. Am Anfang meiner Reise hat mich, wenn ich am Ende meiner Kräfte war, die Panik eingeholt. Heute ist es ein dezenter Druck, eine nicht schwinden wollende schlechte Laune, die mir signalisiert, dass etwas verkehrt läuft. Noch kann ich daran wenig ändern, aber bald wird sich dieses Problem in Luft auflösen, denn bald werde ich in Rom sein und dann bin ich schon fast in Sydney. Ich zähle die Tage.
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