SHIRAZ – DAS AUFGEBEN

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Die Pinke Moschee im Spiegelbild mit Goldfischen, Shiraz, Iran

Shiraz war besonders und doch ganz typisch. Durch den Tip einer anderen Reisenden fand ich ein Einzelzimmer für den Preis eines Hostelbettes. Dort verbrachte ich eine gute Woche, schlief lang und machte nur das wirklich Nötigste. Ich hatte großes Glück, denn beim Frühstück traf ich eine ganze Reihe von anderen Soloreisenden, mit denen ich mich austauschen und beraten konnte. Ich machte eine Tour an die wichtigsten Orte in der Nähe (Persepolis etc.) mit M. einer Französin, die ähnlich wie ich immer wieder für längere Zeit unterwegs ist, jedoch Flugzeuge benutzt. Wir verbrachten endlos schöne Stunden damit uns über unsere Entdeckung des Feminismus zu unterhalten, tauschten Podcasts aus und erzählten uns unsere Träume und Pläne. Selten findet man Menschen mit denen man so schnell auf so vertrautem Fuß ist. Ohne M., der Weltreisenden, M., dem Fahrradfahrer und M., der Performancekünstlerin weiß ich nicht, was ich in Shiraz mit mir angefangen hätte. Ich war so gefangen in meinem Frust und meiner Erschöpfung, dass die Ruhe aus dem Süden gerade dazu gereicht hatte, ein wenig klarzukommen. Sowohl M., die Weltreisende, als auch M., die Performancekünstlerin, hatten ähnliche Sachen wie ich erlebt. M, die Weltreisende, war genauso erschüttert und erschöpft wie ich. M., die Performancekünstlerin, jedoch hatte sich ihre Wege und Menschen gesucht. Sie blieb für die gesamte Zeit ihres Visums in Shiraz, sodass sie sich ein Künstlernetzwerk aufgebaut hatte und uns anderen wertvolle Tipps geben konnte.

Relief in Persepolis, Persepolis, Iran
Auf Ruinen schauend, Persepolis, Iran
Das Grab der Gräber, Parsagard, Iran
Alles wird beschützt, Parsagard, Iran

In Rekordzeit hatte ich mir eine kleine deutsche Blase geschaffen. Ich habe inzwischen gelernt diese in der Travellerszene verachtete „bubble“ aus anderen Reisenden schätzen zu lernen. Sie ist der Grund, dass ich es im Iran so lange ausgehalten habe, denn in Shiraz bin ich soweit, dass ich alleine nicht auf die Straße gehe. Dank M., dem Fahrradfahrer, sehe ich doch noch ein paar schöne Ecken. In seiner Begleitung schlendere ich über den Bazaar, ergehe mich in dem bisher schönsten Garten im Iran, erklimme den nahegelegenen Aussichtspunkt, um die Stadt im Sonnenuntergang betrachten zu können und genieße ein überdimensioniertes Lammsteak und einen ähnlich großen Salat. Wir finden ein nettes Künstlercafé, grübeln über das Leben, die Liebe und unsere Reisen. Beide sind wir auf der Suche und doch auch nicht, denn sucht nicht jeder, ob er reist oder nicht? Wollen wir nicht alle ankommen? Nicht unbedingt an einem Ort, nicht bei einem Menschen, sondern in uns? Im Idealfall zieht dieses Ankommen dann Ort und Menschen mit sich. Niemand will alleine Sterben, obwohl wir es doch alle tun. Ein Dilemma dessen Tragik mich bestätigt auf meinem Egotrip. Denn das ist diese Reise: ein glorioser, never-ending-Egotrip.

Morgenspaziergang, Shiraz, Iran

M., der Fahrradfahrer, und ich fühlen uns wohl mit unseren Lebensentscheidungen, sind fasziniert von unseren unterschiedlichen und manchmal erschreckend ähnlichen Erlebnissen in dieser Kultur. Spektren sind schwierig darzustellen, denn wir haben immer nur ein Erlebnis, eine Perspektive aus der wir unsere Sicht der Welt schöpfen. Wenn wir dann mit unseren Perspektiven zusammenfinden, entsteht meistens etwas sehr schönes, vor allem wenn sie in vielen Aspekten ähnlich sind. Das Spannungsgefälle von Fremdheit und Vertrautheit fasziniert mich. Die Welt ist riesig, vielfältig und passt nicht in den Kopf eines Menschen. Es ist die Pluralität die wir im Gespräch am deutlichsten verstehen lernen. Nichts ist jemals nur eins. Beim Reisen gibt es keine Illusion von Wahrheit, keine Hacks und keine must-do's or don't's. Es ist individuell. Und da finde ich mich wieder. Ich entscheide was ich tue, wo ich hingehe und wem oder was ich mich aussetze. Wenn es genug ist, muss ich die Reißleine ziehen, niemand tut es für mich und deshalb mache ich genau das.

Eingangsportal der pinken Moschee, Shiraz, Iran
Pinke Moschee, Shiraz, Iran
Von innen, Pinke Moschee, Shiraz, Iran

Ich tue mich zusammen mit J., dem Franzosen mit dem ich nach Pakistan reisen wollte. Wir hatten uns immer wieder getroffen, die Visa arrangiert, gemeinsam Geld beschafft aus dem Ausland und regelmäßig gecheckt was der andere so trieb. In Shiraz hatten wir uns noch nicht eingestanden, dass wir unser Reiseziel Pakistan aufgeben würden. Aber in meinem Kopf war die Entscheidung gefallen. Es reichte. Also wartete ich, bis er in Shiraz ankam. Wir trafen uns nach einigem Hin- und Her in der berühmten pinken Moschee. Von diesem Ort aus begaben wir uns gemeinsam auf unser letztes iranisches Abenteuer. Hitchhiking von Shiraz nach Banda Abbas, Inseln besuchen und dann diesem Land entfliehen, das war der Plan. Also liefen wir an den Stadtrand, entlang der Verkaufsstände, wo wir bei einem der Gemüsehändler noch schnell unsere Rucksäcke wogen (beide über 21 Kilo) und stiegen in das erste Auto. Ein Gymnasiallehrer, der uns aus Nettigkeit an den Stadtrand fuhr, bevor er in entgegengesetzter Richtung zu Hause seinen Feierabend genoss.

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