POKHARA UND DAS DOLCE FAR NIENTE

English text
Pokhara in der Nacht, Nepal

In Pokhara, der zweitgrößten Stadt Nepals, steige ich in einem super bequemen Hostel ab. In den Schlafsälen stehen Holzbetten und jedes ist von Vorhängen umgeben, eine Seltenheit in Nepal. Die Stadt schmiegt sich mit einem langen Arm an einen See an. Hier war früher Sumpfgebiet. Dies gab der König den Unberührbaren, da sie die Einzigen waren, die in diesen Umständen überlebten. Heutzutage ist die Stadt auf dem besten Weg, ein Touristenparadies zu werden. Die Preise der Seegrundstücke steigen und in der Hitze des Tales verspricht der See lang ersehnte Abkühlung.

Pokhara city map, Nepal
Riesenrad auf Sumpf, keine gute Idee, Pokhara, Nepal

Die meisten Touristen sammeln sich hier am Seeufer. Eine nur halb gepflasterte Promenade und eine von kleinen Läden flankierte Straße bilden das Epizentrum des touristischen Lebens. Hier kann man Kleidung kaufen, die den Geschmack der Touristen trifft, aber von den Einheimischen nicht getragen wird. Hier raucht man pausenlos Gras und nimmt nachts ein paar Pillen. Es gibt alles, was man sich wünschen kann. Jeder, der mich kennt, weiß, wie mir das auf die Nerven geht. Ich kann berauschte Menschen nicht ausstehen. Ob Alkohol, Gras, MDMA, Acid, Pilze oder was auch immer, ich finde es unendlich langweilig. Da alle Touristen durch Pokhara kommen, trifft man ab und an auch welche, die sich nicht die letzten Hirnzellen wegballern wollen und mit denen tue ich mich zusammen. Wir erstürmen die Peace Pagoda, einen kleinen buddhistischen Schrein, auf der anderen Seite des Ufers und Paddeln zurück über den See. Es ist ein schöner und entspannter Tagesausflug, der damit endet, dass ich mich in Kathmandu zu einem Kurs in einem Kloster anmelde und die kommenden Tage mit meiner neuen Mädelstruppe verbringe.

Die Peace-Pagoda-Mädels-Truppe, Pokhara, Nepal
See, Sumpf oder Kloake? Pokhara, Nepal

Obwohl ich westliche Gesellschaft vermisse, sind mir die Menschen, die ich in Pokhara treffe, zu neunzig Prozent unsympathisch. Schon allein ihnen zuzuschauen, wie sie mit Joint im Mund die Promenade herunter flanieren und so tun, als gehörte ihnen die Welt, ist mir unangenehm. Diese Ignoranz macht mich wütend, denn obwohl Marihuana hier als Unkraut wächst, ist der Konsum von Haschisch verboten. Wenn ihr nicht ohne Gras leben könnt, raucht es in euren Zimmern, aber nicht in der Öffentlichkeit! Ich konnte Pseudo-Hippies noch nie leiden. Pseudo-Hippies sind Menschen, die davon faseln, das echte Nepal erleben zu wollen und trotzdem ihre Zeit in der touristischsten Stadt des Landes verbringen. Es sind Menschen, die Gras rauchend mit Bettlern chillen und nachts in ihr privates Zimmer im Guesthouse zurückgehen. Sie bestehen darauf, barfuß trekken zu gehen und auf 5.000 Metern müssen sie die Schuhe ihres Porters anziehen, weil sonst ihre Zehen abfrieren würden. Ich könnte die Liste endlos weiterführen. Der Hass köchelt ein paar Tage in mir und treibt mich schließlich dazu weiterzuziehen. In die Berge...

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Comments: 2
  • #1

    Elisabeth und Hartmut (Tuesday, 01 May 2018 22:31)

    Liebe Bella,
    wir sind immer noch dabei, deine Reise mit Spannung zu verfolgen und warten weiter auf neue Blogs von dir. Seit unserem letzten Kommentar lasen wir viel Neues und hoch Interessantes.
    Dein erster Elefant in Indien machte dich traurig. Auf deinem Foto war es auch für uns nachvollziehbar, uns wäre es auch so ergangen. Durch den traurigen Blick des Elefanten eröffneten sich uns Parallelen zur Massentierhaltung in Deutschland. In Indien wird das Tier gequält, um dem Besitzer Geld zum Lebensunterhalt zu bringen. Traurig!
    Die Massentierhaltung bei uns könnte abgeschafft werden, wenn wir uns bewusster ernähren würden.
    Dass der Ganges eine Kloake ist, ist leider eine traurige Berühmtheit.

    Deine Eindrücke aus dem Dschungel von Chitwan haben uns beeindruckt.
    Dabei entdeckte ich unter deinen Fotos ein Wandelröschen. Meine „große“ Pflanze stellte ich gerade auf seinen Sommerplatz, den Balkon.

    Mit deinen Eindrücken zur Hilfe der Europäer in armen Ländern sprichst du uns voll aus dem Herzen.
    Als das Wichtigste sehen wir, dass wir Deutschen unser Leben ändern müssen: „weg von Geiz ist geil“. Durch unser verschwenderisches Leben wird die Not in armen Ländern immer größer: Billiglohn, schlechte Arbeitsbedingungen,… Auf die Raffgier der großen Konzerne haben wir leider keinen Einfluss.
    Bettelnden Menschen Geld zu geben, ist die falsche Entwicklungshilfe und verändert nur zum Nachteil. Besser ist eine direkte Hilfe zur Selbsthilfe über einen langen Zeitraum. So erfuhren wir zum Beispiel von solch einem Projekt im Süden Malis in der Sahel-Zone. Es hat sich zum Selbstläufer entwickelt. Nun geht es dem Dorf besser und strahlt in die Umgebung als Vorbild aus. Die Rolle der Frau entwickelte sich auch zum Positiven.

    Was uns als Urlauber in anderen Ländern immer störte, ist das oberflächliche und unsensible Verhalten vieler deutscher Touristen. Wir schämten uns, genauso wie du, oft für unsere Landsleute.

    Wir nehmen an, dass du schon viel weiter gezogen bist, alles gut gegangen ist und viele neue Eindrücke gewonnen wurden.
    Bleib behütet!
    Alles Gute wünschen dir die „Hallunken“ Elisabeth und Hartmut

  • #2

    Bella (Sunday, 06 May 2018 12:32)

    Liebe Elisabeth, Lieber Hartmut, (oder liebe Hallunken?)

    es ist schön von euch zu lesen. Es freut mich das ihr weiterhin dabei seid. Ich bin jetzt in China, noch nicht so weit von Nepal entfernt.
    Mich fasziniert es wie viele Pflanzen gleich sind. Ob in Nepal oder in Deutschland, ein Nadelbaum bleibt ein Nadelbaum, und ein Wandelröschen ein Wandelröschen. Aus irgendeinem Grund habe ich gedacht die Vegetation wäre unendlich anders, aber sie ist nur vielfältiger. Das Schöne am Reisen ist, das es mir vor Augen führt wie wenig ich weiß und wie viel ich glaube zu wissen. Immer wenn mich etwas überrascht merke ich, da hatte ich wieder eine Vorstellung von etwas.

    Wie schön das ihr mich versteht.
    Liebe Grüße in die Heimat!
    Bella