Kaum aus dem Kloster entlassen, steht mir Holi bevor. Holi wird in Deutschland als das indische Farbenfest bezeichnet, ist jedoch viel mehr als nur eine Zelebration der Farbpulver die an diesem Tag durch die Luft geworfen werden. Es wird der Frühling begrüßt und jede Farbe bringt einen Segen. Hier ist es der erste wirklich warme Tag. Wir bekommen vom Fest nur das mit, was auf der Straße stattfindet: eine ausgelassene Farben und Wasserschlacht. Es ist eines der ältesten hinduistischen Feiertage und in vielen Aspekten unserem Karneval nicht unähnlich. Zum ersten Mal erleben wir die Nepalesen ohne die gesellschaftlichen Restriktionen des Kastenwesens und voller Übermut, mit einer gesunden Dosis Alkohol im Blut. Die sonst so friedliebend erscheinenden Einheimischen, zeigen nun ihr verspieltes und übermütiges Wesen und jagen uns durch die Straßen. Kleine Kinder werfen Wasserbomben aus der Sicherheit der Balkone und testen die Limits der Erwachsenen. Es ist kein Wunder, dass sich dieses Fest weiter Beliebtheit erfreut. Nur bei den Frauen höre ich ausschließlich Missmut. Frauen meines Alters nehmen meisten nicht teil. Junge Mädchen, die zum ersten Mal den Geschmack von Freiheit schmecken, ergeben sich dem Rausch, bleiben jedoch immer in Gruppen. Ich fühle mich maximal unwohl in dem Gedränge, kann den Stress und das Gefühl gejagt zu werden nicht von mir schütteln. Ich merke wieder einmal, dass ich übermütige Männer nicht tolerieren kann. Auch hier wird die Ausgelassenheit dazu genutzt Ärsche und Brüste zu betatschen und ungewollte Küsse zu rauben. Es ist überall dasselbe.
Ich bin nicht alleine unterwegs, sondern mit meinen Mädels aus dem Kloster und einem Schweizer UN-Freiwilligen. Die anderen sind sehr viel besser dabei mit den Einheimischen umzugehen. Sie drehen den Spieß um, kaufen sich Farben und werden von den Gejagten zu den Jägern. Ich bleibe im Hintergrund und hoffe das der Tag schnell vorüber geht. Ich habe solche Feste noch nie genossen. Auf den meisten Bildern sehe ich wütend in die Kamera. Große Volksfeste sind einfach nicht mein Ding.
Wir flüchten uns auf ein Dachcafé und lassen die wilden Straßen hinter uns. Bald darauf haben wir alle genug und gehen zurück in unsere Unterkünfte. Die Mädels fliegen zurück nach Deutschland und ich muss mir überlegen was ich nun mit dem Rest des Monates Anfange. Soll ich noch einen Treck machen, oder kann ich einfach irgendwo sein und warten? In Nepal kann man noch viel unternehmen, jedoch habe ich bereits gesehen und erlebt, was mich fasziniert. Außer einem weiteren Treck, schwebt mir nichts im Kopf herum.
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