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Der riesige schwarze Fleck auf meiner Landkarte, Russland, ist nun angefüllt mit Anekdoten und Ideen, Menschen und Lebensentwürfen. Ich konnte Vorurteile kontextualisieren und relativieren. Ich habe viel gelernt.
Nach drei Wochen habe ich zwei Tage Pause. Zwei meiner Kollegen bringen die Kinder zurück nach Moskau, zwei weitere bleiben mit mir zusammen vor Ort. Außer uns Betreuern bleiben zwei Mädchen für die zweite Runde unseres Camps auf der Insel. Da die meisten vor allem im Sinn haben lange zu schlafen und gut zu Essen, schleiche ich mich morgens um halb acht vom Camp und springe in den Bus in die nächste Stadt. Ich will mehr sehen von der Insel.
Hier im Camp ist die Zeit stehen geblieben. Die Holzbänke werden nach wie vor mit derselben fröhlichen Farbe gestrichen wie zu Soviet Zeiten. Dieselben Menschen verrichten die immer gleichen Sommerjobs. Sie sind braungebrannte meist ältere Menschen, deren Haut wie Leder an ihren Körpern haftet.
Die Krim ist nicht das Krisengebiet, als das es in vielen westlichen Medien beschrieben wird. Es ist jedoch auch nicht die heile Welt, zu der die Insel in Russland stilisiert wird. Die Wahrheit, der ich begegne liegt, wie immer irgendwo dazwischen.
Pfannkuchen sind das besonderste Frühstück/Essen, welches es bei uns zu Hause gab. Als ich klein war, arbeitete mein Vater im Krankenhaus mit Schichtdienst und allen familienunfreundlichen Aspekten, die diese Arbeitsumgebung mit sich bringt. Der Alltag war routiniert und wurde zu neunundneunzig Prozent von meiner Mutter aufrechterhalten. Nur zwei oder dreimal im Jahr machte mein Vater Pfannkuchen (nicht unbedingt als Frühstück).
Als ich mich das erste Mal an den Tisch setzte, saß ich vor einem Teller nackter Nudeln und einem Stück vom ganzen Huhn, dass I. fünf Stunden lang im Ofen gebraten hatte. Der Teller war so groß wie ein Frühstücksteller in Deutschland, aber zum Bersten voll.
In Russland werde ich als Frau ohne Umschweife nach meinen Lebensumständen gefragt. Oft in der ersten Stunde einer Begegnung und meistens von anderen oft älteren Frauen. „Was ist dein Beruf?“, „Bist du verheiratet?“, „Möchtest du irgendwann einmal heiraten?“, „Möchtest du Kinder haben, du kannst toll mit ihnen umgehen, du solltest sehr bald, nein sofort, Kinder bekommen!“, „Hast du einen Freund?“ und „Warum bist du in Russland?“
Mein Erleben der Russischen Kultur ist ein ganz anderes als in anderen (Europäischen) Ländern. Mein gesamtes Vorwissen ist von Vorurteilen überschattet und im Prinzip habe ich die letzten vier Monate damit verbracht, sie aus dem Weg zu räumen.
Eindrücke vom Sommer in Samara. Der Sommerregen in hier ist schwer und laut. Wenn es Nachts regnet hört es sich an als würde eine Herde von Wildpferden vor meinem Fenster entlang rennen. Ich weiß nicht, ob das daran liegt, dass die Regentropfen hier besonders groß sind oder besonders laut auf das Vordach aufschlagen.
Manchmal gibt das Leben mir Zitronen und ich mache keine Limonade aus ihnen. Das war letzte Woche. Diese Woche ließ ich die Zitronen Zitronen sein und suchte nach Erdbeeren. Während ich mit meinen Zitronen kämpfte (eine leichte Magendarmsache, Grübeleien, gefolgt von einer leichten Erkältung, die sich in einen miesen Virus verwandelte und mich für eine Woche danieder schlug), wachsen die (hypothetischen) Erdbeeren unbemerkt in allen Ecken. Jetzt habe ich sie geerntet und eine vorzügliche...