ANKUNFT IN SYDNEY

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Spielen im Hai infizierten Wasser, Sydney, Australien

Ich sitze am Manly Beach und schaue den drei übermütigen jungen Männern dabei zu, wie sie sich im Hai infizierten Wasser durch die Luft werfen. Hier ist es so kalt wie schon lange nicht mehr. Es ist Winter. Aber „Winter“ und „kalt“ heißen hier fünfzehn Grad. Die Stadt bereitet sich mit Buschfeuern auf die erste Hitzewelle vor. Der Rauch hängt in Schwaden in der Luft und ich kann es kaum fassen, dass eine so „gesunde“ Stadt wie Sydney noch so viele Pflanzen verbrennt. Ich fühle mich unendlich weit weg von Malaysia und doch finde ich immer wieder Aspekte, die mich daran erinnern. Dort wird der Müll verbrannt, keine Biomasse. Das erscheint mir zwar tausendmal schlimmer, aber der Rauch ist genauso da. Der Strand scheint sauber zu sein und doch führen riesige Rohre ins Meer und Schilder weisen darauf hin, dass bei starkem Regen wegen Umweltverschmutzung vom Baden abgeraten wird.

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GEORGETOWN, NATIONALE IDENTITÄT UND STREETART

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Ich würde einziehen, das ist klar! Georgetown, Malaysia

In Malaysia sieht man auf der Straße alles was lebt. Frauen mit oder ohne Kopftuch, mit oder ohne Burka, mit oder ohne Kinder. Männer in Begleitung ihrer Frauen oder ohne. In seiner Diversität auf den Straßen erinnert es mich viel mehr an Dubai, als an den Iran. Ich bin erleichtert und gleichzeitig ist mir auch klar, dass das nichts heißen muss.

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BANGKOK – BOXEN UND ENTSPANNUNG

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Chinatown in Bangkok, Thailand

In Bangkok angekommen habe ich mal wieder richtig Glück. Ich lande in einem netten Hostel, das von einem Franzosen geführt wird. Zum Frühstück gibt es Baguette (echtes Baguette gemacht in Bangkok vom einzigen japanischen Bäcker der Stadt), French Toast, Ei im Toast und Cornflakes. Das beste Frühstück, das ich im vergangenen Jahr gegessen habe. Oh, wie habe ich Brot vermisst! Nicht immer nur den endlosen Reis oder die asiatischen Nudeln, nein, knisterndes, zischendes, knuspriges Baguette. Einfach gut. Obwohl bei Booking.com einige negative Kommentare stehen, beziehen die sich auf den Besitzer, einen Franzosen. Obwohl er schon seit über zwanzig Jahren in Bangkok lebt, ist er zuweilen immer noch ein unfreundlicher, arroganter französischer Mann, super nett und interessant, aber eben Franzose. Für einen Briten oder einen Australier, der nicht weiß wie man die Rüffel eines Franzosen einsteckt, unmöglich. Mich beeindrucken grantige Franzosen schon lange nicht mehr und somit verlebe ich eine wunderbare Zeit.

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AYUTTHAYA – PUPPEN UND TEMPEL

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Der Kopf umschlungen vom Baum, Ayutthaya, Thailand

Ich nehme einen alten Bus, der mich aus Sukothai nach Ayuthaya bringt. Ich werde an der Fahrbahnseite eines Highways herausgeworfen. Meine Karte informiert mich, dass es eine Stunde Gehweg bis zur Stadt ist, zwei bis zu meinem Hostel. Aber natürlich steht eine Reihe von Taxis parat. Weil ich nicht so viel Geld zahlen möchte, nehme ich ein Vespataxi. Jedoch fährt der Taxifahrer anstelle des offiziellen Loups entgegen der Fahrtrichtung auf dem Highway. Er fährt sogar die schmale Auffahrt hinauf um mich dann in den schlimmsten zwanzig Minuten meines Lebens zu meinem Hostel zu fahren. Die Vespa ist deutlich kleiner als meine letzte Mitfahrgelegenheit dieser Art in Kunming (China) und somit muss ich meinen zwanzig Kilo schweren Rucksack auf dem Rücken behalten. In der kurzen Fahrt ziehe ich mir eine Verspannung in der Schulter zu, die sich gewaschen hat. 100 kilo plus Zugkräfte sind einfach zu viel für mich. Ich beschließe dort mein Gepäck für die zweite Hälfte meiner Reise drastisch zu verkleinern. Erst nach drei Thai-Massagen, zwei Mama-Massagen, zwei Flo-Massagen und vier Wochen ist meine Schulter wieder beschwerdefrei. Lesson learned.

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SUKHOTHAI – IM VOGELHAUS

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Das Vogelhaus, Sukhothai, Thailand

In Sukhothai ist die günstigste Unterkunft gleichzeitig die schönste. Hier gibt es nur Einzelzimmer, da es sich um einen Ort handelt der nicht direkt auf der Haupttourismusroute liegt (allerdings auch nicht weit ab). Hier kommt man hin, wenn man etwas mehr sehen will. Überall steht jedoch, dass man eine sehr ähnliche Tempelanlage mit Palastruinen in Ayutthaya, nur eine Stunde von Bangkok entfernt ebenso entdecken kann. Beide Anlagen sind UNESCO Weltkulturerbe, insofern ist keine der beiden ein Geheimtipp. Um hierher zu kommen muss man aus dem Zug aus- und in einen Bus umsteigen oder mit zwei verschiedenen Bussen nach Chiang Mai reisen (von Bangkok aus). Es ist nicht schwierig hierher zu kommen, aber auch nicht ohne Aufwand möglich.

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PAI - DSCHUNGELTRÄUME

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Der Blick über Pai, Thailand

Pai gilt weithin als Hippie-Oase und Perle des Nordens Thailands. Es ist ein kleiner Ort, gelegen in einem weiten Tal, umgeben von grün bewucherten Bergen. Auch hier haben die Touristen das Leben fest in der Hand. Neben einem Buchladen, der ausschließlich englischsprachige Titel verkauft und zahllosen Skooter-Verleihern, Tour-Anbietern und Massageeinrichtungen kann man hier, verlässt man einmal die Hauptstraße einen Einblick bekommen in das lokale Leben. Außer den immer präsenten Tempeln gibt es hier auch eine Moschee, die mitten im Zentrum eine Zäsur des sonst so gewohnten buddhistischen Lebens bildet. Hier tragen die Männer Takke und die Frauen Kopftuch, aber sonst scheint nicht vieles anders zu laufen als sonst.

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KUNMING

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Das Zentrum der Stadt bei Nacht, Kunming, China

Kunming ist eine große Stadt. Nicht in den Augen der Chinesen, aber für mich schon. Dabei hat es nur 6,7 Millionen Einwohner. Das gibt es in China häufiger. Am Bahnhof steige ich zum ersten mal mit meinem gesamten Gepäck auf einen Skooter. In der Abenddämmerung gleite ich durch den Verkehr, nach hinten gelehnt, damit ich den Fahrer nicht berühren muss. Ich und mein Gepäck sind ziemlich schwer und somit schlagen wir bei jedem größeren Buckel auf die Stoßdämpfer. Es ist erfrischend, das Haar wehen zu lassen und die Nase in den Fahrtwind zu strecken. Mit einer Hand halte ich mich fest, mit der anderen werfe ich einen Blick auf die Karte. Ich bin an einen guten Fahrer gekommen. Er nimmt den direkten Weg, macht keine Umwege und redet nicht. Ganz nach meinem Geschmack.

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POKHARA UND DAS DOLCE FAR NIENTE

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Pokhara in der Nacht, Nepal

In Pokhara, der zweitgrößten Stadt Nepals, steige ich in einem super bequemen Hostel ab. In den Schlafsälen stehen Holzbetten und jedes ist von Vorhängen umgeben, eine Seltenheit in Nepal. Die Stadt schmiegt sich mit einem langen Arm an einen See an. Hier war früher Sumpfgebiet. Dies gab der König den Unberührbaren, da sie die Einzigen waren, die in diesen Umständen überlebten. Heutzutage ist die Stadt auf dem besten Weg, ein Touristenparadies zu werden. Die Preise der Seegrundstücke steigen und in der Hitze des Tales verspricht der See lang ersehnte Abkühlung.

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BAKTHAPUR: VOM ERDBEBEN GEZEICHNET

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Ziegel wohin das Auge reicht, Bakthapur, Nepal

Als ich in Bakhtapur ankomme ist es später Abend. Die Sonne ist bereits untergegangen und die Straßenlichter beleuchten die alten Pflastersteine. Um in die Altstadt zu kommen, muss man hier einen saftigen Eintritt zahlen. Umgerechnet 15USD. Das ist eine Menge Geld für Nepal. Grummelnd greife ich in die Tasche. Als das Gasthaus meiner Wahl voll ist, steige ich um in ein Hotel. Es ist zu teuer für mich und nicht wirklich gut, aber was soll ich machen. Ich bin froh von der Straße weg zu kommen. Zwar fühle ich mich in dieser Stadt überraschend geborgen, aber so ganz traue ich dem Gefühl von Sicherheit nicht. Kaum angekommen in meinen vier Wänden, führe ich ein langes und seltenes Skypegespräch mit meinem großen Bruder. Es ist kalt, ich kuschele mich ins Bett, während ich die vertrauten Themen, die uns verbinden mit neuen Augen begutachte. Mein Bruder ist -wie sehr häufig- ganz anderer Meinung als ich und wie immer scheitere ich darin, meine Sicht der Dinge adäquat zu verbalisieren. Aber auch das ist ein Stück Puzzle, welches ich immer wieder aufnehme. Ich hoffe irgendwann richtig gut darin zu sein. Ich habe gemerkt, wie die Fähigkeit mich mitzuteilen durch das Reisen wächst.

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VARANASI – ZWISCHEN BEWUNDERUNG UND SCHAM

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Das Leben ist ein langer ruihger Fluss, Varanasi, Indien

Nach Varanasi komme ich nur, weil ich in Delhi in den falschen Zug gestiegen bin. Zugfahren in Indien birgt viele Tücken und somit steige ich in den Zug, der zur richtigen Zeit am richtigen Gleis steht, die richtige Zugnummer trägt und doch an den falschen Ort fährt. Mein Plan war von Delhi nach Gorakhpur zu reisen, dort eine Nacht zu bleiben und dann in den Bus an die nepalesische Grenze zu fahren. Wie mir meine indischen Mitreisenden erklären, hat Karma eingegriffen. Glücklicherweise fährt der Zug nicht in eine andere Richtung, nur an einen schöneren Ort. Beim Aussteigen sehe ich ein weißes Pärchen und da ich keine Zeit habe, mich über die Hostelsituation vor Ort zu informieren, tue ich mich mit ihnen zusammen.

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JAIPUR UND AGRA: AUF EIGENEN FÜßEN

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Ein Wasserschloss, Jaipur, Indien

Jaipur beginnt mit dem Kampf um eine passende Rikscha. Ein wichtiger Moment, da man von allen Seiten von Rikschafahrern bestürmt wird, die etwas Geld verdienen wollen. Jedoch weiß niemand wo mein Hostel ist (keine Seltenheit). Ich lasse mich vom Rikschafahrer meiner Wahl bis ins Zentrum fahren und steige irgendwann aus, nachdem er mich willentlich in die falsche Richtung bringt, auf meine Richtungsweisungen nicht reagiert und letztendlich im Stau stecken bleibt. Dank meiner Maps.me App bin ich vorbildlich orientiert. Ich gebe ihm die zu Beginn abgemachten 100 Rupie und laufe wutschnaubend davon. Taxifahrer und Rikschafahrer sind die schlimmste Berufsgruppe auf der Welt. Sie sind überall und nie vertrauenswürdig. Sich darüber zu echauffieren ist völlig unproduktiv und trotzdem tue ich es immer wieder.

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QESHM UND WÜSTENBRUNNEN

Deutsche Flagge
Die Frauen auf der Insel sind bunt gekleidet, Qeshm, Iran

Qeshm ist nicht so wie Hormuz. Es ist viel größer und man kann es fast industriell nennen. Aber nur fast. Auch hier laufen die Frauen mit den traditionellen Masken als Teil ihres Hijabs herum und sind so bunt gekleidet wie in Indien. Es sind die Unterschiede die es mir möglich machen, das Festland zu vergessen.

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INSEL HORMUZ

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Der Blick, Hormuz, Iran

Der Wind weht um unsere Nase und die Menschen tummeln sich am Hafen. Wieder einmal hat J. Freundschaft geschlossen mit einem jungen Iraner, der so wenig Interesse an mir hat, dass ich mich dabei ertappe, ihn nach iranischen Maßstäben zu verurteilen. Über dreißig, nicht verheiratet, interessiert an dem hübschen, mittlerweile blonden J., der zu allem Überfluss auch noch einen Ohrring trägt. Für Iraner, der schlagende Beweis für seine sexuelle Orientierung. Ein Umstand, der mich zunächst Schmunzeln läßt, als er jedoch spontan entscheidet mit uns zu kommen, gerate ich ins Grübeln. Gemeinsam fahren wir in einer der umgebauten Vespas zur schönsten Ecke der Insel. Trotz all meiner Bedenken und Zweifel an J.s Art zu reisen, komme ich nicht umhin schätzen zu lernen wie schnell er uns dahin bringt, wo wir uns hin träumten. Natürlich ist alles unvorhersehbar, Glück und Zufall, jedoch gibt es einige Momente, bei denen ich mich vor Ungläubigkeit in den Arm zwicken muss.

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YAZD UND DIE WÜSTE

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Über den Dächern von Yazd, Iran

In Yazd war ich ziemlich fertig mit meinen Nerven. Hätte ich mich aus dem Iran herausbeamen können, hätte ich es gemacht. Aber da ich zu dem Zeitpunkt noch die Hoffnung hegte über Land durch Pakistan weiterreisen zu können, biss ich die Zähne zusammen und machte weiter. Ich hatte vor zu schreiben und irgendwie die letzte Nacht in Tehran zu vergessen.

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KASHAN

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Dach in Form einer Brust mit überdimensionierten Nippeln, Kashan, Iran

In einigen Aspekten ist Kashan einer der schönsten Orte, die ich im Iran besucht habe. Es ist eher konservativ, die Straßen sind angefüllt mit schwarzgekleideten Frauen und Männern, die glauben es sei in Ordnung fremden Frauen nachzustellen. Trotzdem sie bereits ihren Söhnen beibringen, dass es normal ist, ausländische Frauen durch die engen Gassen zu jagen und mit Steinen zu bewerfen, schaffe ich es, mich in die Sicherheit eines Hostels zu flüchten, indem ich das große Glück habe andere Reisende zu treffen mit denen ich mich zusammentue. In Kashan ist die Tourismusindustrie noch nicht etabliert, so dass das Entdecken auf eigene Faust noch möglich ist. Und so habe ich das große Glück alte historische Häuser in diesem Ort auf eigene Faust zu entdecken. Einige sind möbliert, die schönsten jedoch, stehen leer. Die exquisiten Fresken und Wandmalereien geben den altbekannten Formen ein einmaliges Gesicht. In so einem Haus könnte ich auch wohnen, allerdings müsste es leer stehen, denn die Möbel sind immer ein wenig zu viel. Zu pompös. Zu wahnwitzig verziert.

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TEHERAN

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Teheran gesehen vom Tachol, Iran

In Teheran verbringe ich viel zu viel Zeit. Ich muss immer wieder zurückkehren wegen des Indien- und des Pakistanvisums. Am Ende ist alles umsonst. Das Indienvisum bekomme ich nach einem künstlich verkomplizierten Prozess. Visaprozeduren haben hier einen stark mafiösen Charakter. Information ist Trumpf. Am Ende habe ich ein 180-Tage-Visum mit einmaliger Ein- und Ausreise. Für denselben Preis hätte ich auch ein sechsmonatiges Visum haben können mit unendlich vielen Ein- und Ausreisen. So etwas passiert immer dann, wenn ich erschöpft in etwas herein stolpere. Ärgerlich, aber nicht zu ändern.

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MASULEH

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Frühstück, Masuleh, Iran

R. nimmt mich mit in die Berge. Morgens um sieben steigen wir in das Auto ihres Schwiegervaters und brausen davon, beide maximal schläfrig. Am Abend davor haben wir bis spät in die Nacht gegessen und geredet. Nach den vier Stunden in der Nacht fällt R. innerhalb kurzer Zeit in tiefen Schlaf. Für mich ist alles neu, da ist an Schlaf nicht zu denken und trotzdem kann ich die Augen kaum offen halten. Also döse ich unruhig vor mich hin und werfe ab und an einen Blick auf die entlang der Straße aufgereihten Einzelhandelsgeschäfte. Automechaniker, Schraubengeschäfte, Autotürreparaturwekstätten, Bäcker, Elektrofachhändler, Obststände und vieles mehr. Sie reihen sich entlang der Straße von Ortschaft zu Ortschaft. Die Berge scheinen noch weit weg zu sein. Wie lange werden wir unterwegs sein? Ich weiß es nicht. Ich habe vergessen nachzufragen.

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RASHT

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Tee trinken im Bazaar von Rasht, Iran

Manchmal haben Freunde im Ausland mal jemanden aus dem Iran kennengelernt. So ist das bei J. (meiner ehemaligen Mitbewohnerin) und R. (meiner Gastgeberin) gewesen. Rasht liegt nicht auf der klassischen Touristenroute und ist vielleicht gerade deswegen besonders reizvoll. Es ist ein schöner Ort und dadurch, dass ich zu Besuch bin, sehe ich wieder einmal den Bewegungsradius eines jungen Paares. R. und M. sind so, wie ich junge Menschen kenne.

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TÄBRIZ

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Alltag auf dem Bazaar in Täbriz, Iran

In Täbriz darf ich S. und H. beim Leben über die Schulter gucken. Mit Erstaunen sehe ich, wie dominant die Frauen hinter verschlossener Tür sind, wie viel Wertschätzung sie erfahren. Gleich meine erste Begegnung hier zeigt mir, alles was ich glaubte über dieses Land zu wissen, war zu kurz gedacht. Die Spektren sind groß, es ist nicht Friede, Freude, Eierkuchen, aber die Hölle auf Erden ist es nur, wenn man den falschen oder keinen Mann heiratet. Die Mädels verbringen sehr viel Zeit eingesperrt in den familiären vier Wänden und sehen sich türkische Serien an, kochen oder diskutieren über das hier und jetzt. Das Wohnzimmer ist Dreh- und Angelpunkt des Lebens, es ist schön wieder einmal einfach dabei zu sein, während das Familienleben sich entfaltet.

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JEREWAN

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"All about that bride", Blick auf Jerewan von der Cascade aus, Armenien

Mit Kopfhörern auf den Ohren bewege ich mich fortan durch Jerewan. Meist höre ich die Musik so laut, dass ich das Gehupe der Autos nicht hören kann. Das filtert einen unglaublich großen Stresspunkt heraus. Ich lerne, mich zielstrebig und sicher in der Stadt zu bewegen, springe von Maschrutka zu Maschrutka, fahre in die falschen Ecken, drehe wieder um. Ich folge meinem eigenen Kompass, frage so gut wie nicht nach dem Weg und lebe mit den daraus resultierenden Umwegen. Ich lerne, mich zwischen den Autos hindurch zu schlängeln, lerne wo ich hinschauen und worauf ich achten muss, bis ich auch ohne Musik auf den Ohren weiß, welche Geräusche ich ignorieren kann.

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DSCHERMUK

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Die Straße nach Dschermuk ist typisch für Armenien.

Innerhalb weniger Stunden, nachdem ich über die georgische Grenze gezogen war, hatte ich mich Hals über Kopf in das Land verliebt. Allerdings hatte diese Begeisterung sich nach ungefähr drei Wochen bereits ein Stück weit relativiert. Ich war mir sicher, Armenien würde es schwer haben. Aber tatsächlich ist meine Begeisterung für dieses Land sehr langsam gewachsen. Armenien ist für mich nicht einfach zu genießen. Ich hatte eine ganze Menge von negativen Erfahrungen, die jedoch immer ein Gegengewicht in positiven Momenten hatten. Vor allem Yerevan hat es mir angetan, jedoch weiß ich, dass ich auch die Provinz ganz bezaubernd finden würde, wäre ich nicht alleine unterwegs.

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SEWAN SEE

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Sewan See, Sewanawank, Armenien

Am Sewan See bleibe ich genau vier Stunden. Dann beschließe ich entgegen meines ursprünglichen Planes weiterzuziehen. Eigentlich wollte ich hier zwei Nächte wild campen, den spektakulären Sonnenauf und -untergang an diesem einmaligen Ort auskosten, mir Zeit nehmen und durchatmen. Wie in Georgien. In Armenien soll das problemlos gehen, aber ich fühle mich nicht sicher. Dauernd wird mir durch das Gehupe fremder Männer deutlich gemacht, dass ich gesehen werde. Ständig will mir jemand „helfen“ und was für reisende Männer und Pärchen unter dem Begriff „Gastfreundschaft“ oder „Hilfe“ läuft, wird bei allein reisenden Frauen ganz schnell zur Belästigung. Jeder Kontakt fängt gastfreundlich an, das ist hier einfach so, aber zu oft mündet dieser in unangenehmen Diskussionen und Beleidigungen.

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ALAVERDI, SANAHIN, HAGHPAT

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Kloster Sanahin, Alaverdi, Armenien

In Georgien setzte ich mich in eine Mashrutka nach Jerewan und drei Stunden später steige ich in Alaverdi aus. Alaverdi ist eine kleine Stadt im Norden Armeniens. Sobald ich aus dem Bus aussteige, merke ich, das hier ein anderer Wind weht. Alle schauen mich an und in kürzester Zeit haben mich vier der ungefähr zehn Taxifahrer am Platz gefragt, wo ich hin will. Ich wimmle sie ab, tausche Geld, kaufe Obst und gehe in einen Handyladen. Dort treffe ich auf eine (der insgesamt vier) Armenierin in dieser Stadt, die perfektes Deutsch spricht. Sie versorgt mich mit der richtigen Simkarte und gibt mir ein Gefühl von Sicherheit. Wieder auf dem Hauptplatz, stürzen sich die Taxifahrer erneut auf mich. Für sie ist es ungeheuerlich, dass ich Bus fahren möchte, kein Taxi. Schließlich bin ich Europäerin und damit ist es meine Pflicht so viel Geld wie möglich auszugeben. Zu Beginn habe ich die Angebote noch freundlich lächelnd abgewiesen, doch nun setze ich eine entschlossene Miene auf und starre den Männern unfreundlich ins Gesicht. Ich ignoriere sie schließlich einfach. Ich habe keine Lust mehr, freundlich zu sein.

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EIN NEUER ANFANG

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Blumenvielfalt auf 2.000 Metern, Kazbegi, Georgien

Georgien. Der Kaukasus beginnt hier von einer Sekunde auf die andere. An der Stelle, an der mich mein russischer Taxifahrer abgesetzt hat, ist das Tal noch breit und die Berge sehen aus wie schmächtige Halbwüchsige. Der Grenzübertritt nach Georgien liegt einen Kilometer südlich in der Kerbe einer mächtigen Schlucht. Die Dreitausender steigen zu allen Seiten selbstbewusst in die Höhe und gebieten Ehrfurcht. Anstelle von Militär wird die Grenze hier von einem großen Mönchskloster bewacht. Dort mache ich meine erste Pause und gratuliere mir zum Landeswechsel. Schon lange bin ich dazu übergegangen auch kleine Etappen zu feiern. Manchmal ist der Weg im Kopf so viel weiter als die tatsächlichen Kilometer.

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BALAKLAWA

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Balaklawa, Krim, Russland

Balaklawa ist ein kleiner Küstenort, ehemaliger Militärstützpunkt und Touristenparadies. Die alten Herren sitzen mit Hut am Hafen, halten die Angel in das türkisblaue Wasser und rufen sich von Zeit zu Zeit etwas zu. Die Menschen hier sind schön. Wie die Landschaft sind sie Meisterwerke der Zeit. Im Hafen liegen Jachten aus Amerika, Europa und Russland. Wie immer wissen die Reichen dieser Erde genau, wo es sich zu leben lohnt. Die Küste ist bergig und zerklüftet. Das Land fällt in Klippen ins tiefblaue ruhige Meer, das gelbe vertrocknete Gras schaukelt mit den Kornblumen in der Abendsonne und die Grillen zirpen um die Wette.

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AUSBRECHEN

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Khanpalast von Bachtschyssaraj, Krim, Russland

Nach drei Wochen habe ich zwei Tage Pause. Zwei meiner Kollegen bringen die Kinder zurück nach Moskau, zwei weitere bleiben mit mir zusammen vor Ort. Außer uns Betreuern bleiben zwei Mädchen für die zweite Runde unseres Camps auf der Insel. Da die meisten vor allem im Sinn haben lange zu schlafen und gut zu Essen, schleiche ich mich morgens um halb acht vom Camp und springe in den Bus in die nächste Stadt. Ich will mehr sehen von der Insel.

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SOVIET SOMMERCAMP

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Speaking Club, Krim, Russland

Hier im Camp ist die Zeit stehen geblieben. Die Holzbänke werden nach wie vor mit derselben fröhlichen Farbe gestrichen wie zu Soviet Zeiten. Dieselben Menschen verrichten die immer gleichen Sommerjobs. Sie sind braungebrannte meist ältere Menschen, deren Haut wie Leder an ihren Körpern haftet. Ich glaube sie sind Einheimische, aber da ich bisher noch nicht sehr viel mehr als das Camp von der Insel gesehen habe, weiß ich es nicht. Wie die Russen sind sie zunächst unfreundlich und beharren auf den abstrusesten Regelungen. Einige davon bringen mich fast zum Heulen vor Lachen. So zum Beispiel diese Regeln: nur zehn Kinder dürfen gleichzeitig ins Meer, nach 10 Minuten werden sie wieder heraus gepfiffen; Wasser trinken ist nicht so wichtig bei 35 Grad; die Kinder müssen in Zweierreihen zum Essen laufen. An allen Ecken und Enden wird gespart. Das Mittagessen sind überkochte Nudeln mit Wurst stücken, Reiseintopf mit so etwas wie Lammfleisch oder Buchweizen mit Fleisch und einem kleinen bisschen Soße. Manchmal gibt es noch einen großen Teller Suppe und den Jackpot zieht man, wenn es gefüllte Pieroschki gibt. Eine Art russisches Teilchen (dem Mainzer Sprech treu bleibend).

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SANKT PETERSBURG

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Sankt Petersburg, Russland

Der dritte Tag war ganz der Erkundung der Stadt gewidmet. Es war immer noch bitter kalt. -25 ° C und ich hatte Mühe meine Gliedmaßen lebendig zu halten. Meine Nasenflügel fühlten sich zwischenzeitlich an wie mit einer dünnen Eisschicht bedeckt. Ein komisches Gefühl. In den Schaufenstern kontrollierte ich regelmäßig, dass sich kein Eiszapfen an meiner Nase bildet. Meine Wangen, Nase und Hände waren von der Kälte knallrot und im Laufe des Tages begann ich ernsthaft zu überlegen, mich einfach in mein Bett zu legen. Ich widerstand dieser paradiesischen Träumerei und ging weiter. Schließlich hatte mich die Idee besonders gereizt, diese Stadt im Winter zu besuchen.

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TAMPERE

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Graffiti in Tampere, Finnland

Tampere besuchte ich nur, weil mir so viele erzählt haben, dass ich diese Stadt nicht verpassen dürfe. Meine touristische Exkursionswut hatte ich bereits in anderen Orten ausgetobt und erwartete nicht, dass ich hier noch einen mir unbekannten Aspekt des Finnischen Lebens entdecken würde. Inzwischen hatte ich einige Male das Gefühl gehabt immer wieder sehr ähnliches zu sehen und mich trieb die Neugier eher in die Landschaften des Nordens als in eine Großstadt im südwestlichen Finnland. Da ich jedoch gelernt hatte, meinen Finnen zu glauben, wenn sie etwas empfahlen, fuhr ich brav in die Stadt: dem Manchester Finnlands.

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PORVOO

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Weihnachtsmarkt von Porvoo, FInland

Porvoo liegt eine Stunde östlich von Helsinki. Mit fünfzigtausend Einwohnern ist sie unter den zwanzig bevölkerungsstärksten Städten Finnlands. Sie ist besonders reizvoll, weil sie ein relativ großes Areal von alten Holzhäusern hat, eine Altstadt samt Rathaus und Dom. Nach Turku ist sie die zweitälteste Stadt Finnlands. Durch sie fließt der Fluss Porvoonjoki, der, als ich dort war, reizvoll gefroren war und unter der Eisschicht sang. Waalähnliche Klänge hallten über den Fluss wie ein elektronisch verzerrter und stark hallender Didgeridoo.

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ROVANIEMI

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Brücke über dem gefrorenen Fluss Kemijoki, Rovaniemi, Finnland

In meinen letzten Wochen in Deutschland, hatte mich ein guter Freund auf eine Kino Zelle in Rovaniemi hingewiesen. Rovaniemi ist eine Stadt im Norden Finnlands, am südlichen Rand von Finnisch Lappland, am nördlichen Polarkreis. Hier wird es im Winter früh dunkel und spät hell. Außerdem ist es verdammt kalt. Ich besuchte ein Festival, ein KinoKabaret. Das ist ein Workshop, bei dem Kurzfilme gedreht werden. Eine Kino Zelle ist eine Gruppe von Kurzfilmenthusiasten, die sich ein paar Mal im Jahr treffen, um in kurzer Zeit Filme zu realisieren. Wenn es ein Treffen gibt (ein sogenanntes KinoKabaret), wird es im Internet verbreitet und wer möchte, kann kommen. Es gibt sie überall auf der Welt. Wann immer es mir möglich ist, werde ich an solchen Treffen teilnehmen. Falls ihr mehr wissen wollt, lest dies, dies, oder jenes.

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HELSINKI

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Helsinki harbor, Finnland

Mit dem Zug fuhr ich von Turku nach Helsinki. Dort fielen mir direkt die Spielabteile für die Kinder auf. Vor jeder Treppe gab es ein Kindergitter und der kleine Spielplatz (!) im Abteil bestand aus einer Rutsche und einigen fest installierten Spielmöglichkeiten. In dem Zug mit dem ich fuhr, gab es in jedem Wagen ein solches Abteil, nicht wie in Deutschland wo man mit etwas Glück eine kleine Glasschachtel für drei Erwachsene und 2,5 Kinder in einem Zug für 750 Leute hat. Mit jedem Ticket kam eine Platzreservierung. Der Zug fühlte sich fast leer an, da jeder brav auf seinem Platz saß. Diese geordnete Ruhe, gefiel mir ganz gut. Die Finnen schienen ein Volk ganz nach meinem Herzen zu sein. Niemand setzte sich zu mir oder versuchte gar ein Gespräch anzubandeln. Der Schaffner wies mich freundlich darauf hin, dass ich einen Wagon weiter musste: richtige Sitznummer, falscher Wagen. Es schien ihm wichtig zu sein, also packte ich meine sieben Sachen wieder zusammen und watschelte in den nächsten Wagen. Solange man den Regeln folgte, war Finnland großartig.

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TURKU

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Flussufer, Turku, Finnland

Finnland. Ich war da. Hier würde ich mir eine Alternative organisieren müssen, endlich neue Tatsachen schaffen. Das letzte Land bevor ich die Sicherheit Europas und fürs erste meinen Kulturkreis verlassen würde. Mir wurde klar, dass in diesem Grenzübertritt eine der größten Hürden steckte. Ich hatte bereits einige Male am eigenen Leib gespürt, wie es war, wenn niemand eine Sprache verstand, die der meinen auch nur ähnlich war. Aber das machte mir nicht ganz so viele Sorgen wie meine Unwissenheit bezüglich der weiteren mir unbekannten Regeln und Konventionen. Ich schwankte zwischen der Angst vor der Fremde, vor dem größten Land der Welt, dem Herrschaftsgebiet Putins, und der Gewissheit, dass auch hinter der Grenze Europas Menschen lebten mit denselben Bedürfnissen wie hier. Ich stand vor der Aufgabe, nun alles das anzugehen, was ich immer lapidar und cool mit den Achseln zuckend abgetan hatte. Erst einmal müsste ich ja den Weg bis ganz in den Norden bewältigen.

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DAS ARCHIPEL: SVARTSÖ

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Willkommen in Svartsö, Schweden

Das Allerschönste an meinem Aufenthalt in Schweden war der Besuch des Archipels. Inseln haben es mir angetan. Hier sah ich zum ersten Mal die Natur, die mir in den nächsten Monaten so vertraut werden sollte. Der Norden mit seinen Granitböden, den Holzschuppen, dem Moos und den häufigen und teilweise absurd großen Felsbrocken, die so typisch sind. Raus zu kommen auf die Inseln, war gar nicht so einfach. R. und ich brauchten zwei Anläufe, aber am Ende hatten wir es geschafft. Die Überfahrt war nass, der Tag war nass, und am Ende war auch ich nass. Nass, kalt und zufrieden. Wer hätte das gedacht.

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STOCKHOLM

Stadshus, Stockholm (Ratshaus), Innenhof, Schweden, November

R. und ich hatten ein niedliches kleines AirBnB gebucht, was etwas außerhalb in einer sehr schönen Gegend gelegen war. Nacka Strand. Uns war vor allem wichtig, dass wir einen gemütlichen Platz zum Kochen hatten. Wir schliefen in einem ausgebauten Schuppen, vor einem alten schwedischen Haus. Die Einrichtung war männlich, es war trocken und warm, die Schlafgelegenheiten waren gemütlich und die Küche funktionstüchtig. Unsere Gastgeber waren nett und hilfsbereit. AirBnB bewährte sich einmal mehr. Stockholm begrüßte uns mit einer soliden grauen Wolkenwand und es regnete die ersten drei der vier Tage durch. Nur am letzten Tag bekamen wir die Sonne überhaupt zu sehen, was uns einen kleinen Vorgeschmack auf Stockholm im Sommer gab. Bezaubernd.

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TALLINN

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Auf der mittelalterlichen Stadtmauer von Talinn, Estland.

Zurück nach Estland...

 

In Tallinn wußte ich zunächst mal wieder nichts mit mir anzufangen. Die Stadt war schön und die Menschen nett. Mein AirBnB war super. Ich hatte ursprünglich vor CouchSurfing zu machen, da ich dachte, dass ein wenig Gesellschaft vielleicht meine Unruhe vertreiben könnte. Die Menschen die ich angeschrieben hatte, waren alle anderweitig verplant und so musste ich die Stadt auf eigenen Beinen erkunden. Ich war nicht ehrlich traurig darum. Mir dämmerte bereits, dass eine weitere Begegnung nicht mein Problem lösen würde. Jedoch wusste ich auch, dass mir die Hände vorerst gebunden waren, da ich in Stockholm verabredet war und erst in Finnland große Veränderungen heraufbeschwören konnte. Ich konnte in Tallinn noch keine wirkliche Lösung formulieren. Ich wusste, dass ich in Russland AuPair machen wollte, aber noch nicht wie ich ein Visum oder eine Familie organisieren konnte. Zwar kannte ich die einschlägigen Internetseiten, jedoch waren die Angebote aus Russland dort rar. Außerdem war ich mir ganz und gar nicht sicher, dass das AuPair meine Probleme lösen würde... Ich fand mich damit ab, nichts ändern zu können und machte vorerst weiter wie zuvor. Ich begann die Stadt zu erkunden.

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KURESSARE

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Das Ufer in Kuressare, Saaremaa, Estland, bei klarem Himmel.

Diese Insel ist ein unglaublich schöner Ort. Es gibt alles, was ich zum Leben brauche und noch viel mehr. Meine Gastgeber bemühen sich rührend um mich und geben mir alle erdenklichen Tipps. Das Ende des Herbstes ist hier bereits spürbar, das Licht hat eine winterliche Qualität und die Nächte sind bitterkalt und sternenklar. Der Lebensrhythmus, der durch das Feuer diktiert wird, verliert seine Anziehungskraft die ganzen sieben Tage nicht. (Ich muss, muss, muss wiederkommen.)

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PANGA PANGA

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Ein Gürtel von Miniinseln umringtdie Insel Saaremaa, Estland, man nennst sie den Hofstaat von Saaremaa

Ich bin zu Fuß in die nächste Stadt gelaufen: 6,9 Kilometer. Das hätte ich noch vor vier Wochen nie und nimmer freiwillig gemacht. Ich hatte nur eine Stunde für den Weg gebraucht, in Polen waren es für dieselbe Entfernung noch drei! Naja, eine Stunde war trotzdem noch 6 Minuten mehr, als ich berechnet hatte und somit kam ich für meinen Bus zu spät. Hier auf der Insel kamen die Busse pünktlich oder zu früh, wurde mir gesagt. Ich lief also nur noch pro forma zur Bushaltestelle, aber siehe da. Dort stand er. Der Bus nach Panga. Ich stieg ein, der Busfahrer sprach super Englisch (nach Polen und Litauen bin ich immer überrascht, wenn ältere Herrschaften des Englischen mächtig sind) und sogar ein paar Brocken Deutsch. Offensichtlich freute er sich über mich, die ich so einsam und alleine zur Klippe strebte. Das war wohl eine Seltenheit. Als ich ankam, verstand ich warum...

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SIGULDA & KRIMULDA

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Hubschrauber über dem Gaujatal, Lettland

Sigulda ist ein kleines Städtchen, von dem aus man das Gaujatal, Teil eines der zahlreichen lettischen National Parks, gemütlich erkunden kann. Dort wohnte ich in einem AirBnB, welches demnächst wohl ein Hostel werden wird, denn das Wohnhaus wurde eifrig umgebaut. Mein Zimmer war riesig und beherbergte zwei Doppelbetten. Da ich an einem Wochenende da war, hatte ich die Freude, dieses im Sommer sehr touristische Gebiet nur mit den einheimischen Wochenendtouristen teilen zu müssen. Die Bäume standen in allen Herbstfarben und das Gaujatal zeigte sich von der besten Seite. Hier gab es Gondeln, Wanderwege, schöne alte Holzhäuser, alte Sommersitze und einen Erlebnispark. Mit etwas Zeit könnte man hier eine ganze Menge erleben, wenn man Freude an Aktivurlauben hätte. (Der einzige Aktivurlaub der mir Freude macht ist Skifahren.) Ich hielt mich an die kleinen Cafés und Bäckereien, in denen man für 50 Cent süße und salzige Teilchen bekam (die dazu noch vorzüglich schmeckten) und machte mich auf den Weg in den Wald. Hier standen alte Bäume, schöne Ruinen und Pilze, Pilze, Pilze. Dazu gab es noch einige Schlösschen und Burgen anzuschauen.

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GDYNIA

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Beim Reisen gibt es Orte, die man ohne die Führung eines Einheimischen nicht besuchen würde. Gdynia ist so ein Ort. Es war ein Teil der Trójmiasto (polnisch für Dreistadt), bestehend aus Gdansk, Gdynia und Stopol. Es bestand aus einer schönen Küste, mit einem Strand wie aus einem Bilderbuch. Hier war einmal das Sommerzentrum der Region, zumindest sah es danach aus. Die Sonne ging hinter dem Land unter, wodurch das rote Licht den blauen Himmel anstrahlte. Da es keine Wolken gab, oder nur wenige, verlor sich der dramatische Effekt des untergehenden Feuerballs im leicht violetten Horizont. Es hätte spektakulär sein können und es fühlte sich an, als wären alle Zutaten eines magischen Abends zusammengekommen, aber wider Erwarten vor Ort verpufft.

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GDANSK

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Reflektion des Riesenrads in Gdansk

In Swinouscjie stieg ich in den Zug nach Gdansk. Ich fuhr in Küstennähe einmal quer durch Polen. Ich wusste, dass ich hier eine ganze Menge verpasste. Ich hatte jedoch das Gefühl, jederzeit nach Polen reisen zu können, auch wenn ich älter sein würde, Kinder hätte oder anderweitig eingeschränkt wäre. Ein wenig merkwürdig war diese Überzeugung schon. Schließlich war dies das erste Mal, dass ich unser Nachbarland besuchte. Es war wunderschön und voller Wald. Der Zug war unglaublich günstig, schnell und bequem. Die Bahnhöfe waren entweder sowjetisch, wie es sie auch in Ostdeutschland gibt, oder aus Holz geschnitzt. Sie waren auf alt gemacht, jedoch meistens blitzneu. Man bekam ein Gefühl dafür, wie es früher gewesen sein musste.

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ŚWINOUJŚCIE

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Windmühle am äußersten Zipfel des Strandes in Swinouscie.

Zum ersten Mal auf dieser Reise, direkt zu Beginn, realisiere ich, dass man sich Sachen vornimmt und sie dann realisiert. Ich hatte einen Traum, plante ihn und jetzt lebe ich ihn. Ich musste ein Lachen zurückhalten, als ich am Seebad Ahlbeck am Strand ankam. Wie bei so vielen anderen Menschen stieg die Euphorie in mir auf, als ich das Meer hinter der Düne entdeckte. Der weiße Ostseestrand und die drachensteigenden Kinder in gelben Regenmänteln waren wie aus einem Bilderbuch. Ein nicht abbrechender Strom von deutschen Rentnern wandelte in der Brandung und die Möwen schrien. Der Sand war göttlich weiß und warm.

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HELGOLAND

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Hafen Helgoland Fischernetze

Für drei Tage bin ich mit meiner Oma zusammen nach Helgoland gereist.Ihr Vater ist auf der Insel aufgewachsen und auch meine Oma war im Sommer häufiger mit ihren Kindern zu Besuch bei ihrer Tante. Meine Mutter scheint das damals nicht weiter beeindruckt zu haben, soweit ich zurückdenken kann, war sie immer wild darauf, im Sommer nach Frankreich zu fahren. Die deutsche Küste, ob Ost- oder Nordsee, wurde als langweilig verpönt. So kam es dazu, dass ich mit fast 28 Jahren zum ersten Mal die Heimat meines Urgroßvaters sah. Meine Oma zeigte mir die alten Fotos und Stiche von der Insel. Vor allem einige, die die Insel vor dem zweiten Weltkrieg zeigen, es muss ein sehr schöner Ort gewesen sein. Diese sind besonders spannend, wenn man heute einmal auf der Insel war. Sie zeigen meine Oma als Kleinkind auf der damals noch schönen Landungsbrücke, meinen Urgroßvater als blonden, großen Mann beim Sport treiben auf der Düne, einige Bilder ihrer Eltern beim Ausbooten (ein höchst befremdlicher Vorgang, bei dem die Passagiere von großen Schiffen in kleinere Börten, das sind hochseetaugliche, aber kleine Fischerboote, geworfen werden), Bilder von dem damals im Familienbesitz befindlichen Hotel, von dessen Silberlöffeln ich mir schon als Kind die Mundwinkel aufgeschnitten hatte und weitere kleine und sympathische Details eines mir völlig fremden Lebens. (Die Liebesgedichte und Bonmots meines Urgroßvaters an meine Urgroßmutter gerichtet, nicht selten ausgesprochen anzüglich, stellen dabei ein besonderes Highlight da.) Außerdem erklärt sich dadurch die nordische Hälfte der Einrichtung meiner Oma, sowie ihre Vorliebe für Literatur und Gedichte. (Schließlich gibt es im Winter auf der Insel kaum etwas zu tun und mein Ururgroßvater soll möglicherweise Betreuer der helgoländischen Leihbücherei gewesen sein...)

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