Balaklawa ist ein kleiner Küstenort, ehemaliger Militärstützpunkt und Touristenparadies. Die alten Herren sitzen mit Hut am Hafen, halten die Angel in das türkisblaue Wasser und rufen sich von Zeit zu Zeit etwas zu. Die Menschen hier sind schön. Wie die Landschaft sind sie Meisterwerke der Zeit. Im Hafen liegen Jachten aus Amerika, Europa und Russland. Wie immer wissen die Reichen dieser Erde genau, wo es sich zu leben lohnt. Die Küste ist bergig und zerklüftet. Das Land fällt in Klippen ins tiefblaue ruhige Meer, das gelbe vertrocknete Gras schaukelt mit den Kornblumen in der Abendsonne und die Grillen zirpen um die Wette.
Im zweiten Weltkrieg war hier ein einzigartiger U-boothafen. Ein sehr langer Tunnel führt im Halbkreis unter dem Felsen vom offenen Meer in die Bucht. Heute ist es ein Museum. Genau so wie für die Fähre, die mich bequem zu meinem Schlafplatz hätte bringen können, bin ich für einen Besuch zu spät. Ich bin müde und froh darüber diese Entscheidung nicht treffen zu müssen. Ich laufe am Museum vorbei, folge der in Serpentinen den Berg hinauf schlängelnden Straße und stehe schließlich alleine am Rande der Klippen weit entfernt vom Küstenort. Inzwischen rinnt mir mal wieder der Schweiß den Rücken hinab und perlt von meiner Nase. Mein Kopf ist knallrot und meine Bluse pitschnass. Nichts kann mich daran hintern die Klippen hinunter zu klettern und in das kühle Nass zu sinken. Nach einer gründlichen Erforschung des Territoriums finde ich jedoch eine kleine Treppe. Ich bin froh in diesem Zustand nicht klettern zu müssen und nehme den wahrscheinlichen Verlust meiner ersehnten Einsamkeit ohne Bedauern hin.
Einmal unten, lege ich den Rucksack ab, ziehe meine Wanderstiefel aus und lasse meine Füße zunächst ein wenig Luft schnappen. Sie sind weich vom Schweiß und geschwollen von den Strapazen des Weges. Der Strand besteht aus Kieselsteinen und diese graben sich erbarmungslos in mein weiches Fußfleisch. Schmerzhaft. Mit vorsichtigen Schritten kämpfe ich mich über die Steine, bis ich schließlich das Wasser erreicht habe. Meine Klamotten sind so nassgeschwitzt, dass ich entscheide in voller Montur ins Wasser zu gehen. Über Nacht würde es schon wieder trocknen und wenn nicht dann würde es wenigstens ein wenig besser riechen.
Nichts ist himmlischer als nach einem anstrengenden Tag ins Wasser zu sinken. Nichts. Mit dem Kopf zum offenen Meer kann ich die Geschäftigkeit auf dem Strand ausblenden. Sinke, höre das Klickern der Steine auf dem Meeresboden und öffne die Augen.
Endlich alleine.
Das Meer scheint grenzenlos, der Boden verschwindet in der Dunkelheit und weit und breit ist kein Fisch zu sehen. Nicht zum ersten Mal stelle ich mir die Frage ob es hier Haie gibt. Ich schiebe den Gedanken beiseite und versuche mich zu entspannen. Ich habe es geschafft. Ich bin angekommen. Wenn ich nicht Atmen müsste, dann würde ich einfach hier unten im Nichts bleiben, mich schwerelos treiben lassen. Wie von alleine zieht es meinen Körper zurück an die Wasseroberfläche.
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Alla (Saturday, 30 December 2017 13:33)
Liebe Bella, ich danke dir für diesen Text. Er ist magisch!