Ich sitze am Manly Beach und schaue den drei übermütigen jungen Männern dabei zu, wie sie sich im Hai infizierten Wasser durch die Luft werfen. Hier ist es so kalt wie schon lange nicht mehr. Es ist Winter. Aber „Winter“ und „kalt“ heißen hier fünfzehn Grad. Die Stadt bereitet sich mit Buschfeuern auf die erste Hitzewelle vor. Der Rauch hängt in Schwaden in der Luft und ich kann es kaum fassen, dass eine so „gesunde“ Stadt wie Sydney noch so viele Pflanzen verbrennt. Ich fühle mich unendlich weit weg von Malaysia und doch finde ich immer wieder Aspekte, die mich daran erinnern. Dort wird der Müll verbrannt, keine Biomasse. Das erscheint mir zwar tausendmal schlimmer, aber der Rauch ist genauso da. Der Strand scheint sauber zu sein und doch führen riesige Rohre ins Meer und Schilder weisen darauf hin, dass bei starkem Regen wegen Umweltverschmutzung vom Baden abgeraten wird.
Die Gehwege sind sauber und die Menschen meist weiß. Ab und an sieht man das markante Gesicht eines Aboriginals. Diese krasse Gegenüberstellung von ursprünglicher Lebensart und kolonialisierter empfinde ich als sehr frappierend. Allerdings ist das auch gerade gut. Man erkennt deutlich wie die Lage ist und wo die Loyalitäten der Gesellschaft liegen. Wie in Amerika sieht man hier Wahlplakate mit Sprüchen wie „Australia first“, heraus posaunt von einem alten, weißen Mann. Hier wird klar getrennt zwischen Immigrant, Aussi und Aboriginal. Zumindest sind das die Unterscheidungen, die mir sofort ins Auge fallen.
Es gibt einige Sachen, die mir auffallen. Ich bin es nicht mehr gewohnt, weiße Obdachlose zu sehen und ich weiß für die ersten Tage kaum, wie ich damit umgehen soll. Außerdem schockieren mich die in Massen um den Hafen joggenden Renngruppen. Es gibt jeweils einen Anführer, der seine Route mit den anderen Gruppen koordiniert hat. Ihm folgen ungefähr zwanzig fitte, junge, arbeitende Menschen. Die Frauen in engen Sportklamotten und mit wippenden Pferdeschwänzen und die Männer mit farbigen Shorts und T-Shirts, die eng genug sind, um die Armmuskeln zu betonen, aber weit genug, um den Bauchansatz zu verstecken. Das Aquarium, an dem sie vorbei laufen, wirbt mit gleich drei großen Popdiven: Adele, Pink und Taylor. Adele klebt an einer in das Aquarium hinein führenden Wand, Pink sitzt auf einem Trapez im Eingangsbereich und Taylor klebt an der Außenwand. Alle drei haben den gleichen Bodymassindex, zumindest in ihren Reproduktionen. Man hätte sich nicht drei unterschiedlichere Damen heraussuchen können und mir schwant sofort, hier läuft etwas gehörig verkehrt. Auf allen Plakaten, die mir ins Auge stechen, steht irgendetwas über health & fintess und mir kommt die Galle hoch.
Sydney ist ziemlich in your face mit dem Lifestyle, den man hier für richtig hält. Allerdings weiß ich auch aus den wenigen Fernsehserien, die bis zu uns nach Deutschland herüberschwappen, dass was auf der Straße ziemlich schwarz-weiß wirkt, in der Realität eingraut. Ich bin gespannt, wie lange ich dass alles noch sehen werde und ab wann ich so in meinen eigenen Bahnen schwimme, dass ich es herausfiltern kann. In anderen Worten, wann wird mich mein neuer Alltag einholen?
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elisabeth & Hartmut (Monday, 17 September 2018 16:14)
Endlich am Ziel deiner Träume??!?
Bleib behütet!
Liebe Grüße aus der Heimat.
Bella (Tuesday, 18 September 2018 03:37)
Endlich da!!! :-) Liebe Grüße zurück!