Manchmal gibt das Leben mir Zitronen und ich mache keine Limonade aus ihnen. Das war letzte Woche. Diese Woche ließ ich die Zitronen Zitronen sein und suchte nach Erdbeeren. Während ich mit meinen Zitronen kämpfte (eine leichte Magendarmsache, Grübeleien, gefolgt von einer leichten Erkältung, die sich in einen miesen Virus verwandelte und mich für eine Woche danieder schlug), wachsen die (hypothetischen) Erdbeeren unbemerkt in allen Ecken. Jetzt habe ich sie geerntet und eine vorzügliche Erdbeercreme gemacht.
Aber genug von hypothetischem Obst. Wieder einmal bin ich an einem Punkt angekommen, an dem ich ein paar Sachen als bare Münze nehmen muss. Das mit dem zweimal die Woche Posten klappt nicht. Wieder einmal habe ich viel zu lange damit verbracht, mich an irgendwelche imaginierten Regeln zu halten. Ich schreibe, wenn ich was zu beschreiben habe, wenn nicht, dann nicht. Es gibt viele sogenannte „Regeln“ wie man einen Blog zu führen hat. Ich habe realisiert, dass diese Regeln keine Bedeutung für mich haben, da mein Ziel nicht ist und nie war, eine Werbeplattform aufzubauen.
Im gleichen Zug werden die Grenzen meines Budgets traurig sichtbar und schwinden dahin. Wer Lust und Mittel hat, etwas mehr von meiner Reise zu erfahren, den bitte ich ganz nonchalante mich auf Patreon zu unterstützen. Ich werde weiterhin auf diesem Blog posten. Jedoch unterscheiden sich die auf Patreon veröffentlichten Texte und Bilder vom Blog. Auf Patreon stelle ich Inhalte zur Verfügung, die ich nicht Kostenlose weggeben möchte. Die Interviews versuchen andere Perspektiven zu eröffnen, die Fotos können heruntergeladen werden, in eurem Wohnzimmer hängen und die Zeichnungen Teil eurer Fotowand werden. Go nuts.
Patreon ist eine Platform, auf der man Künstler unterstützen kann. Es ist ein wenig wie Kickstarter, nur erhaltet ihr das von euch gewählte Werk für jeden Monat, den ihr mich unterstützt. Ihr könnt sowohl einmalig Geld senden als auch ein monatliches Abonnement unterhalten. Ich freu mich sehr, falls euch meine Bilder, Behind-The-Scenes-Posts, oder Interviews mit Frauen, die mir begegnen interessieren. Mit Patreon versuche ich einen Weg zu finden, mehr Zeit in meine Texte und Bilder zu stecken, ohne mir dadurch meine Existenzgrundlage zu rauben.
Vor einem guten Monat erzählte mir eine Freundin, dass sie, wenn sie Geschichten über sich selbst oder ihre Familie schreibt, immer denkt, dass sie egoistisch sei. Das auf sich selbst schauen sei narzisstisch und habe keinen Wert für andere Menschen. Das ist etwas, was ich schon häufiger gehört habe und was auch mir lange Zeit im Hinterkopf herumschwirrte. Seit ich los gereist bin, stellt sich mir diese Frage nicht mehr. Irgendwo zwischen meiner ersten Grenzüberschreitung und meiner Begegnung mit der fast dreijährigen Saima, habe ich verstanden, dass es menschlich ist auf Andere und sich selbst zu schauen, und ein Geschenk an meine Umwelt (und mich), diese Gedanken festzuschreiben und zu teilen.
Jeder schaut auf sein Leben und seine Lebensentscheidungen, verarbeitet sie in persönlichen Narrationen, rechtfertigt sich selbst und seine Handlungen vor einem Potpourri von Werten. Wenn das menschlich ist, wieso ist die Veröffentlichung dieser Inhalte narzisstisch? Narzisstisch sind solche Texte nur dann, wenn sie überhöhen, eine Situation besser machen, als sie tatsächlich war. Das Ergründen von Gedanken und Gefühlen ist der erste Schritt auf dem Weg zu etwas, was in Deutschland Kunst genannt wird. Es ist nicht das Endprodukt, aber ein Arbeitsschritt, den es sich zu teilen lohnt, denn nicht nur Frauen, die um die Welt reisen brauchen Vorbilder, auch die Welt braucht mehr unterschiedliche Frauenbilder. Das bezieht sich nicht nur auf das Frauenbild, welches ich projiziere, sondern auch die Frauen, denen ich begegne, die mein Frauenbild erweitern. Das sind die Menschen, von denen ich am meisten auf meiner Reise gelernt habe. Ich habe ihre Lebensperspektiven für mich gespeichert, werde sie nie vergessen und später von Charakteren beleben lassen. Für diesen Schritt brauche ich keinen festschreibenden Text. Ich hätte ihn trotzdem gerne. Das Zurückverfolgen des Potpourris von Werten, die ich mit nach Hause bringen werde, wird durch solche Interviews möglich. Ich kann Menschen von diesen Frauen erzählen, ohne sie zu verklären und mich auf meine eigene höchst unzuverlässige Erinnerung beziehen zu müssen. Ich kann ihnen sagen: „Schau für dich selbst. Was denkst du?“ und ein neues Gespräch aus diesem anderen Gespräch erwachsen lassen.
Ich möchte öfter meinen inneren Schweinehund überwinden und eine Frau fragen, ob ich eine Unterhaltung mit ihr aufnehmen und veröffentlichen darf. Bisher habe ich es erst einmal gemacht. Es war großartig, tiefgründig und lehrreich, aber auch peinlich, unangenehm und verunsichernd. Diese Gefühle kenne ich. Bevor ich meinen ersten Blogpost veröffentlichte, musste ich eine Einstellung zu meiner Angst, narzisstisch zu erscheinen, bekommen; bevor ich irgendjemanden interviewen konnte, musste ich meine Angst, albern und banal zu sein, überwinden; bevor ich Menschen bitten kann, mich finanziell zu unterstützen, muss ich meine Angst, etwas Unangebrachtes zu tun, hinter mir lassen. Das mit dem Ängste-hinter-sich-lassen funktioniert bei mir vor allem damit, dass ich lange um das Mir-Angst-einjagende herumschleiche und irgendwann die Augen schließe und den einen Schritt nach vorne mache. Das hier ist dieser eine Schritt.
Es gibt Stimmen, die behaupten, dass es unerhört ist, sich seinen „Urlaub“ von hart arbeitenden Menschen zu Hause finanzieren zu lassen. Diese Stimmen schwirren in meinem Hinterkopf herum und es gibt Menschen wie Amanda Palmer (deren TED Talk ich jedem ans Herz lege). Ich weiß nicht, warum ihr diese Texte lest. Ich lese sie aus demselben Grund aus dem ich gerne Wilde und Austen lese, oder auch andere Autoren ohne jegliches Renommee, weil sie mir eine andere Realität vermitteln. Weil ich der Gedankenwelt eines anderen Menschen näherkommen kann als im Gespräch. Weil ich Zeit habe, unsere Realitäten abzugleichen. Gibt es etwas Faszinierenderes?
In Retrospektive sehen meine Ängste albern und klein aus, aber das waren sie zu dem Zeitpunkt nicht. Sie waren sogar nützlich und haben dazu geführt, dass ich ein ausgeklügeltes System von Zweit- und Drittmeinungen zu jedem von mir veröffentlichten Text eingesetzt habe. Durch und von ihnen habe ich gelernt zu schreiben. Jetzt reicht häufig ein schneller Grammatik- und Rechtschreibcheck und nur bei einigen Texten brauche ich jemanden, der den Text als Ganzes hinterfragt. Dieses Wachstum ist schön und macht Raum für neues.
Auf meiner Patreonseite erkläre ich ausführlich, was ich mir bei dem Ganzen denke. Schaut es euch an!
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