ANDERE KULTUREN

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Rue barree in einem Dorf in Nouvelle-Aquitaine, Frankreich

Angefangen hat alles, als ich zu meinem ersten Schüleraustausch gefahren bin: für 10 Tage nach Toulouse. Es war anders, komisch, freundlich und beeindruckend. Mein Austauschpartner war ein Junge mit Migrationshintergrund, der mit seiner Mutter, seiner Schwester und einem kleinen Hund in einer zwei Zimmerwohnung in einem der ärmeren Viertel Toulouses lebte. In Frankreich am Lycée gab es strenge und oft unverständliche Regeln, sowie Aufpasser, die auf ihre Einhaltung pochten. In der Schule waren viele Gesichter bunt, ganz anders als an der katholischen Schule im Osten Deutschlands, auf die ich ging. Die Lebenswelt war ein Kontrastprogramm zu dem, was ich von zu Hause gewohnt war. Wir sind vier Kinder, lebten in einem Haus in einem der reicheren Viertel unserer Stadt, haben einen Garten direkt am Haus, meine Mutter war zu Hause und wir Kinder hatten alle ein eigenes Zimmer. Nie wäre ich in der Lage gewesen mir vorzustellen wie schön beide Lebenssituationen sein können.

Offenes Feuer im Garten, Deutschland

Zwei Jahre später ging ich mit dem Voltaireprogramm für 6 Monate nach Frankreich. Wieder durfte ich, an der Hand meiner Austauschpartnerin, eine ganz neue Welt entdecken. Dieses mal lebte ich den deutschen Ferientraum in Frankreich: ein Bauernhof in der Provinz im Süden und ein Lycée mit Internat. Mein Gastvater produzierte Honig, Paté und Rillette, fuhr auf Wochenmärkte und hielt Hühner und Hunde, meine Gastmutter war Übersetzerin und arbeitete von zu Hause aus. Als einzige meiner Familie in Deutschland durfte ich hinter die Kulissen des Lebens schauen, welches wir in unzähligen Frankreichreisen bestaunten. Es waren unbezahlbare Erfahrungen und eine nicht immer leichte, aber immer spannende Zeit.

Terrasse in Frankreich, wo ich 2005 sechs Monate verbrachte

Im Studium, wiederum 5 Jahre später, ging ich für ein Jahr nach Italien. Ich fand die Sprache wunderschön, die Kultur faszinierend, ich wollte einen richtigen Sommer und ein neues Land entdecken. Nach einem Jahr Italien war mein Italienisch brüchig und mein English ganz gut. Ich hatte unterschätzt, wie es ist, eine Familie zu haben, die einen dauernd verbessert und einem spielerisch neckisch die Fehler austreibt. Als europäische Erfahrung war diese Zeit unglaublich vielfältig und aufregend. Noch heute halte ich den Kontakt zu den anderen ausländischen Studierenden und liebe den Austausch über unsere Lebensentscheidungen und Einstellungen. Einen Abend in internationaler Gesellschaft würde ich gegen jede Alternative tauschen. Es gibt wenig erfrischenderes als eine zusammengewürfelte Gruppe von Menschen, die sich über Sprachbarrieren hinweg versuchen mitzuteilen.

Mein Zugang zu der italienischen Kultur ist nicht annähernd so fest, wie der zur Französischen. Eine ganze Kultur lieben lernen geht nicht einfach mal so – eine Nation verstehen erst recht nicht. Es erfordert die 7 Jahre verhassten Schulunterricht, die Grammatiklektionen, die albernen Kochabende mit "französischen Crèpes" und das ganze nervige Drumherum.

Piazza di Spagna, Rom, Italien

Ich habe außerdem gelernt, dass das Erleben der anderen Kultur nicht eigentlich an den Sprachkenntnissen scheitert. Ich habe auch ohne exzellente Italienischkenntnisse gelernt, dass man Pasta carbonara OHNE Sahne und zusätzliches Fett zubereitet (das Cremige entsteht durch die Verbindung des Käses mit dem Eigelb, der Schinkenspeck bringt den Geschmack, kein Salz nötig), was die Beziehung der Italiener zum Essen ausmacht, warum die Form der Pasta von Bedeutung und wer Guiseppe Garibaldi ist. Ich weiß bei weitem nicht alles, aber doch schon eine ganze Menge. Italien ist, wie Frankreich und Deutschland, trotz meiner schlechten Sprachkenntnisse eines meiner Zuhause, dort fühle ich mich nicht mehr fremd. Habe ich auf der Straße einen Zusammenstoß mit Einheimischen, kann ich einschätzen ob mein Gegenüber einfach einen schlechten Tag hat, oder mir Böses will. Wenn plötzlich der ganze Bus anfängt laut zu debatieren und zu streiten, der Busfahrer angegangen wird und es sich anfühlt als würde der Bus explodieren, weiß ich, dass ist Normalität. So streiten Italiener im öffenltichen Raum. Laut, leidenschaftlich und häufig harmlos.

 

Ich möchte weiter machen:

 

weiter Sprachen lernen (Russisch! Spanisch! Portugiesisch?)

weiter andere Kulturen erleben und beschreiben

weiter den persönlichen Austausch pflegen

weiter von der Fremde erzählen und andere Lebensrealitäten vermitteln

weiter Reisen

 

weiter

weiter

weiter & mehr.

 

Von November bis Anfang Februar werde ich eine weitere Art des kuturellen Austausches erleben. Ich werde ein Aupair in Finnland sein. Hat jemand von euch Aupairerfahrungen? Ob als Gastgeber oder als AuPair ist egal, beide Seiten sind nicht einfach. Ich bin so neugierig!

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