IRGENDWO = KAUNAS

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Lampen in der Nacht...

Kapitel 1 und 2 lesen.

Dies ist Kapitel 3/4.

 

Mit meinen gut unter meiner Kapuze versteckten Kopfhörern saß ich auf der Bank vor dem Gleis, an dem der Bus nach Klaipeda abfahren sollte. Die Busfahrer hatten mich bis vor die Haustür gebracht. Erst jetzt realisierte ich den Grad ihrer Fürsorge und verstand erst langsam, dass die Zeit in Litauen eine Stunde weiter gestellt war. Obwohl es auf meiner Uhr erst vier Uhr morgens war und der Bus laut Plan erst um 6:25 Uhr nach Klaipeda abfahren würde, musste ich trotz alledem nur 1 Stunde und 30 Minuten warten. „Nur“ war allerdings relativ, da es arschkalt war und sich hier dunkle Gestalten herumtrieben. So dunkel wie ich... Zur Sicherheit hörte ich Podcast. Ich hörte mich durch die neuesten Folgen von Reply All, Sampler und The guilty Feminist. Ich musste ständig schmunzeln. Podcasts sind so etwas wie Heimatersatz während meiner Reise. Die Heimat zwischen den Ohren.

Alle waren eingemummelt in ihre langen, meist schwarzen Mäntel. Nur beim genauen Hinsehen erkannte ich wie stylisch einige von ihnen waren. Ein Reisender stellte sein Gepäck zu meinem und fragte mich etwas auf Litauisch. Ich konnte ihm nur in Einwortsätzen und Zeichensprache Antworten. Er wollte auch nach Klaipeda, musste sich jedoch noch ein Ticket kaufen. Er ließ sein Gepäck bei mir stehen und ging zum Ticketbüro. Ich wußte nicht so recht, ob er ein Terrorist oder ein ganz normaler Mensch war. Ich war so geprägt von dem Terrorismusnarrativ, dass es mir fast ständig in den Kopf schwirrte. Außerdem hielt er ein schlecht verpacktes Etwas in der Hand. Es sah aus wie eine Drogenlieferung aus einem Film. Er trug es immer bei sich. Ich fragte mich, ob die Buslinien wohl ein häufig verwendetes Transportmittel für den Drogenschmuggel waren... Am Ende ließ er sogar dieses Päckchen neben mir stehen und als er eine Brille aus der Tasche zog, sah er plötzlich aus wie ein Architekt mit einem kleinen Modell. Es war wahnsinnig spannend zu sehen wie viel meiner Wertung vom Äußeren eines Menschen abhing. Eine Brille verwandelte einen Terroristen in einen Architekten. Just like that. Unser Vertrauensverhältnis baute sich langsam aus. Inzwischen verstanden wir uns ohne Worte. Am Ende ging auch ich zum Ticketoffice und ließ meinen großen Rucksack bei ihm. Mir war der Gedanke gekommen, dass ich eventuell Schwierigkeiten mit meinem Ticket bekommen könnte. Vielleicht musste ich mir gar ein Neues kaufen? Vielleicht war ich einem Internetbetrüger auf den Leim gegangen und die Eurolines-Busfahrer waren einfach nur freundlich gewesen und hatten Mitleid gehabt? Schließlich war mir das alles unklar. Lost in Translation. Im Ticketoffice merkte ich, dass mein Portmonee nicht mehr in meiner Tasche war. Panik. Ich besaß jetzt nur noch meinen Reisepass. Führerschein, sämtliche Bankkarten und mein Personalausweis war weg. Mein Kopf raste. WER? WIE? WAS? WO?

Es musste mir aus der Tasche gefallen sein, im Bus. Mein Ticket war zum Glück auch für diesen Bus gültig. Die Dame eilt mir hinterher, da ich vor lauter Schreck einfach raus gegangen war aus dem Ticketbüro, ohne Ticket. Ich hätte kein Geld gehabt, mir ein neues zu kaufen und wäre ohne Internet, ganz alleine in Kaunas gestrandet. Im Bus schriebe ich M. eine E-Mail (der Studentin aus dem Bus von Gdansk nach Kaunas), sie antwortet fast sofort. Leider war sie bereits in einem anderen Bus nach Riga. Sie schickte mir jedoch alle Adressen, die ich kontaktieren musste, um die Geldbörse eventuell wiederzuerlangen. Ich war unendlich dankbar sie getroffen zu haben und dass ich bereits ein AirBnB gebucht hatte. Ich wusste, wo ich hin musste. Ein Schritt nach dem anderen.

 

(die Geschichte geht weiter.)

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Comments: 1
  • #1

    Diana (Sunday, 20 November 2016 19:49)

    Liebe Isabelle, mir blieb der Atem stillstehen, als ich Deinen Bericht vom verlorenen Geldbeutel gelesen habe, obwohl Du ihn so gut in Deinem letzten Bericht verstaut hattest!!! Nun denke ich, daß er sich wiedergefunden hat. Jednfalls bin ich sehr begierig , zu hören, wie es Dir weiter ergangen ist. Gute Reise, wünscht:Oma.